PG Güntersleben - Thüngersheim

Vor 75 Jahren endete der Zweite Weltkrieg. Auch Thüngersheim war von den Kampfhandlungen in den letzten Kriegstagen betroffen. Diese fanden zu der Zeit statt, in der normalerweise die Erstkommunion hätte stattfinden sollen. Was dies für die Gemeinde und die Kinder damals bedeutete beschreibt der Zeitzeuge Franz Zeyer, der zu der Zeit 8 Jahre alt gewesen ist:

Um die Mittagsstunde und am Nachmittag geriet Thüngersheim durch herannahende amerikanische Truppen unter Artilleriebeschuss. Vier Todesopfer und mehrere Verwundete waren zu beklagen. An den folgenden Tagen wurden Anwesen in Brand geschossen. Die amerikanische Artillerie beschädigte auch die Thüngersheimer Kirche. Ein Thüngersheimer hisste auf dem Kirchturm die weiße Flagge, um den Amerikanern zu signalisieren, dass von Thüngersheim aus kein Widerstand mehr geleistet würde. Für diese mutige Tat riskierte er sein Leben.  Am Weißen Sonntag, dem 8. April 1945, zogen amerikanische Truppen ohne Kampfhandlungen in Richtung Würzburg, das fünf Wochen vorher, am 16. März, von britischen Bomberverbänden in Schutt und Asche gelegt worden war.

Die Erstkommunionfeier des Thüngersheimer Schülerjahrgangs 1935/36 fand deshalb nicht am Weißen Sonntag, sondern erst am 6. Mai 1945 statt. Obwohl der 2. Weltkrieg offiziell erst am 8. Mai zu Ende war und viele Männer aus Thüngersheim gefallen, vermisst oder in Gefangenschaft waren, sollte dieser Tag "würdig und festlich" begangen werden. Doch unter den gegeben Umständen und in unserer kriegsbeschädigten Pfarrkirche fand dann die Erstkommunionfeier mit Geistlichem Rat Pfarrer Viktor Lauer in sehr bescheidener Weise statt. Kaplan war damals Titat Narbutas, ein Priester aus Litauen. Die Kommunionkinder hatten nicht einmal Kommunionkerzen und sie nahmen alle auf der rechten Seite der Kirche die Plätze ein, denn die Kriegsschäden im Dach und an der Decke der linken Seite waren erheblich. Selbst die Bilder der vier Kirchenväter oben an der Langhausdecke waren beschädigt und Teile davon fielen herab in das Kirchenschiff. 

Trotzdem hat ein Kommunikant des genannten Jahrgangs, der heute mit seiner Familie in Speyer wohnt und in den Jahren 1944 - 46 bei seinen Großeltern in Thüngersheim lebte, gegenüber seinem Thüngersheimer Jugendfreund zum Ausdruck gebracht, dass ihm seine Großeltern "einen unvergesslichen Weißen Sonntag am 6. Mai 1945 bereitet haben".

Damals sangen die Kommunionkinder ein Lied mit den Zeilen:

"Unserem Herzen soll die Stunde 
ewig unvergeßlich sein.
Dieses Tages, dieser Pflicht,
wollen wir vergessen nicht"

Viele von den Erstkommunionkindern aus diesem Jahrgang sind mittlerweile verstorben. Für die Kinder von damals, die nun schon Großeltern sind, war dieser Tag, trotz der widrigen Umstände ein unvergesslicher Tag. 

Franz Zeyer 

 kirche6

 

 

­